Traditioneller Weise fährt der Blaurackenverein anfang November noch einmal mit dem Bus in ein Naturschutzgebiet um dort Mensch und Kultur, und seine von ihm gestaltete Umwelt zu erleben. Eine bekannt steirische Region ist das Schilcherland, das seinem Namen der Eigenschaft einer sehr alten Weinsorte, Blauer Wildbacher verdankt, dem Schillern!
Luise Jöbstl empfängt uns im Ortskern von Wernersdorf, wo ein berühmtes steirisches Künstlerpaar, Christiane und Gerald Brettschuh, eine Kapelle für den Ort gestalteten, die mit den Konventionellen bricht. Nicht nur die sechseckige Form der Kapelle, der zentrale Altar und die im Kreis sitzenden Kirchgänger, sondern vor allem die symbolhafte Darstellung von 12 barfüßigen Heiligen rund um Jesus und der beiden Emmausbrüder in Wanderschuhen, die den mitwandernden Gottessohn nicht erkannt hatten, sind von einer einzigartigen Malkunst gestaltet. Dass Eva in ihrem Kostüm, als Nackte in der Kapelle auftritt, ist wohl einigen nicht ganz recht, aber wenn man an das Mittelalter denkt, so doch wieder nichts Außergewöhnliches und es erinnert uns wohl an unseren Ursprung. Das reduzierteste Element ist wohl das Kreuz, ein von Borkenkäfern geschnitzter Eschenast, der über dem Altar hängt, nur mit einem beidhändigen Eisen durchstoßen. Die Kapelle ist erst seit wenigen Jahren öffentlich zugängig. Zu groß war die Angst vor Vandalismus und der Zerstörung dieser Werke.
Schilcherberg 1 ist die Hausnummer der Schilcherei Jöbstl. Was früher ein Bauernhof mit Schweinen, Kühen und Hühnern war, hat sich vor 40 Jahren in Richtung Obst- und Weinbau entwickelt. Neben der bekannten Brennerei Jöbstl, welche noch von den Eltern betrieben wird, konnten Sohn Johannes und seine Frau Luise Jöbstl ein Weingut errichten, das zu den besten Schilcherwein Erzeugern des Landes zählt. 28 verschiedene Produkte werden aus der Traube erzeugt. Neben dem klassischen Schilcherwein auch Süßweine und Schaumweine. Eine Verkostung führt uns durch die Geschmackswelt des Schilchers. Natürlich gehört auch eine Führung durch den Weinkeller dazu.
Das Wetter ist uns an diesem Tag holt und führt uns in die Flusslandschaft der Weißen Sulm und durch den Ort Wielfresen. Holzkreuze auf den Türen der Wirtschaftsräume zeugen von einem jährlich wiederkehrenden Brauch, des Segnens des eigenen Tuns. Kapellen und Wegkreuze säumen unseren Weg zur Strutz-Mühle.
Nach dem frühen Start mit der Weinverkostung gehts zu Fuß weiter nach Wielfresen.
Peter Fürbass jun. (80) empfängt uns vor seiner revitalisierten Mühle. 26 Mühlen gab es einst an der Weißen Sulm. Übrig ist diese, zu Ehren seines Vaters Peter Fürbass sen., aus alten Teilen zusammengetragene und (Peter Fürbass ist gelernter Schreiner) errichtete Mühle, die seit 2003 wieder als Schaumühle in Betrieb ist.
Das klare Wasser der Weißen Sulm stürzt über Felsen lebhaft ins Tal. Eine Talsperre, ein Rückhaltebecken wurde von 40 Jahren hier errichtet. Einmal war es eben voll, berichtet Peter Fürbass. Er besitzt auch das 25 Kilometer lange Fischwasser an der Weißen Sulm inkl. Nebenbächen und züchtet hier Regenbogenforellen und Saiblinge zum Besatz.
Der Signalkrebs hat leider auch die Weiße Sulm erobert und wohl großen Schaden im Fischwasser angerichtet. Das NATURA2000 Gebiet gibt es erst seit 15 Jahren. Es soll die einzigartige Flusslandschaft samt hier zahlreich vorkommende endemische (Eiszeitrelikte) Pflanzen und Tiere retten. Dem Energiehunger und den Wertsteigerungswünschen einiger Grundbesitzer im Koralpengebiet passt das jedoch nicht ins Konzept. Der Weg zum Alpengasthaus ist nicht mehr weit und führt uns durch steile Hanglagen. Der silikatische Boden der Koralpe zeigt sich im Glimmern und Glänzen der Gesteine. Der Rippenfarn ziert unseren Weg.